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Samstagnachmittag, mitten im Lockdown … ein ausgiebiges Frühstück liegt hinter mir, was nun? Ich habe mich für eine weitere Runde unter der Decke mit meinem Lieblings-Reise-Podcast entschieden; und während ich mich so wegträume … es geht gerade mit dem Cabrio quer durch die USA … habe ich die Idee für diesen Beitrag: Wie komme ich eigentlich so von A nach B?

Wenn ich "ich" schreibe, dann gehört da natürlich auch immer Lieschen, mein Blindenführhund dazu. Sie begleitet mich nicht nur im Alltag, sondern auch auf Reisen. Schließlich soll sie bei all der Arbeit, auch mal ein wenig Landluft, Meeresprise und große weite Welt schnuppern. Da müssen wir ja aber irgendwie hin … Cabrio scheidet aus. Wir bevorzugen den Zug und alle paar Jahre, je nach Reiseziel auch mal das Flugzeug … ja, Lieschens Motto beim Reisen: Nur Fliegen ist schöner. Aber dazu gleich mehr.

Travelling with Deutsche Bahn

Ich weiß, dass mich viele Menschen dafür bewundern, wie ich das alles mache ... jetzt fährt sie auch noch Zug. An dieser Stelle muss ich jetzt wohl gestehen: Ich fahr mit dem Zug. Den Zug fährt ein ausgebildeter Lokführer oder eben auch eine ausgebildete Lokführerin. Ich muss mich im Grunde nur reinsetzen und selbst dabei bekomme ich Hilfe.

Die Deutsche Bahn bietet einen Mobilitätsservice an, über welchen man per Telefon oder E-Mail bequem Fahrkarten zwei kostenlose Sitzplatzreservierungen und eine Ein- und Umsteigehilfe bestellen kann. Das ist eine prima Sache. So müssen wir eigentlich nur 20 Minuten vor Abfahrt des Zuges … planmäßiger Abfahrt des Zuges versteht sich … am Servicepoint des entsprechenden Bahnhofs sein. Von dort werden wir zum Zug begleitet und egal ob umgekehrte Wagenreihung oder nicht, im Handumdrehen sitzen wir auf bzw. unter unseren reservierten Plätzen und die Reise kann beginnen.
Ebenso komfortabel funktioniert es in der Regel auch beim Um- und Ausstieg … man erwartet uns bereits am Bahnsteig und begleitet uns zum nächsten Wunschziel.

Wenn ich einen Bahnhof kenne, kann ich mich dort aber auch relativ gut alleine zurechtfinden. Die meisten Bahnhöfe sind inzwischen mit Leitlinien, erhabenen Linien am Boden ausgestattet, die beispielsweise vom Eingang zu den Bahnsteigen führen. Außerdem findet man inzwischen häufig an den Treppenaufgängen zu den Bahnsteigen eine Beschriftung in Punktschrift zu welchem Gleis dieser Aufgang führt.
Ich muss jedoch gestehen, dass ich auch an bekannten Bahnhöfen immer lieber auf Nummer Sicher gehe und mir eine Ein- und Umsteigehilfe bestelle; ist stressfreier … eben wegen der bereits angesprochenen umgekehrten Wagenreihung oder für den Fall, dass der Zug doch mal auf einem anderen Gleis einfährt. Das Leben ist halt keine Hochglanzbroschüre.

Über den Wolken

Beim Fliegen läuft es im Grunde ebenso wie mit dem Zug. Auch hier gibt es Hilfe am Flughafen, beim Einchecken, bei der Gepäckaufgabe und -annahme und man wird direkt bis zum Platz im Flugzeug begleitet … das Beste aus meiner Sicht aber: Man wird direkt vom Platz auch wieder abgeholt. So kann man also wirklich nicht verloren gehen, während man am Bahnhof durchaus mal am Bahnsteig stehen kann und vergeblich darauf wartet, dass jemand kommt, der einem zum nächsten Zug begleitet.
Lieschen und ich sind uns in diesem Punkt also einig: Nur Fliegen ist schöner ... wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Glücklicherweise ist meine vierbeinige Reisebegleiterin insgesamt sehr unkompliziert und macht alles mit. Beim Start hebt sie kurz mal den Kopf; ansonsten liegt sie aber ruhig im Fußraum und wartet nur darauf, dass sie eine der Stewardessen entdeckt. Dann ist ihr nämlich deren Aufmerksamkeit gewiss und im Grunde braucht Lisa auch nicht mehr. Das heißt natürlich brauchen wir vorab die Zustimmung der Airline, dass sie auch mitfliegen darf. Das ist aber eigentlich kein Problem, wenn man den Führhund gleich beim Ticketkauf mit anmeldet. Bei einer Fluggesellschaft bekam sie sogar ihr eigenes Flugticket, ausgestelt auf Miss Guide Dog Wettstein.

Bevor mich jetzt die Reiselust aber vollkommen packt, schnüre ich die Winterstiefel und genieße mit Lieschen ein wenig die Hallenser Winterlandschaft zu Fuß; dann erwartet mich provenzalisches Backofengemüse und ein Glas spanischer Rotwein … auch dir wünsche ich die ein oder andere Reise des kleinen Mannes. So kommen wir hoffentlich gesund und munter durch den Lockdown.

Als ich heute mit Lieschen, meinem Blindenführhund Gassi war, hatte ich seit langem mal wieder eine gefrorene Winternase … und da in der klarenWinterkälte konnte ich es genau riechen … es lag in der Luft, das neue Thema für den Novemberbeitrag: Skifahren.

Egal ob Abfahrt oder Langlauf, als Pistenschreck oder auf einer einsamen finnischen Loipe, Skifahren ist vielleicht keine Sportart, die ich sehr häufig ausübe, dafür immer wieder mit großer Begeisterung. Doch wie? Das verrate ich heute.

Auf die Bretter, fertig, los!

Als etwa Zehnjährige stand ich zum ersten Mal auf Skiern. Damals noch sehend. Drei, vier Jahre später ließ das Sehen aber schon deutlich nach, die Lust auf das Skifahren nicht.
Meine Eltern, die bis dato noch nicht für Winterurlaub zu erwärmen waren, kauften sich selbst Skier und machten sich klar für die Piste. Im Falle meines Vaters hieß dies, dass er sich einen schicken neonfarbenen Skianzug überstreifte und … sagen wir mal mutig … die Pisten hinabwedelte. Also, ganz nach dem Motto: Runter kommen sie alle. Und ja, wir kamen auch runter. Er wie beschrieben voraus und ich konnte mich wunderbar an seinem extravaganten Skioverall orientieren.
So ging es ein paar Jahre gut, bis dann der neonfarbene Overall auch keine Lösung mehr war … nein, nicht weil mein Vater herausgewachsen wäre, sondern weil ich irgendwann einfach nix mehr sah, auch nicht mehr das schreiende neongelb. Doch so viel Zeit verging nicht und ich erfuhr von einem Skiverein in Marburg, der Skireisen für blinde und sehbehinderte Skihasen anbot.

Wenig später stand ich also in Südtirol auf dem Berg, auf Skiern, blind und an meiner Seite ein erfahrener Begleitläufer, der dafür sorgte, dass ich und die anderen Wintersportler um uns herum sicher an ihr Ziel kamen.
Mit Kommandos wie Rechts! und Links!, Halt! Und wenn es dringender war mit Stopp! Ging's die Pisten hinab … manchmal auch mit kleineren Umwegen, die an all den Tannenadeln auf meinem Windstopper ersichtlich waren. Also, solltest du einmal beobachten, dass ein Skifahrer den einzigen Baum auf der Piste umarmt, dann ist das bestimmt ein blinder Skifahrer … und in dem Fall war das wirklich nicht ich. Davon hab ich nur gehört. Ehrlich! Ich hab immer nur die Tannen am Pistenrand mitgenommen.

Kommando Einkehrschwung

Also, wie funktioniert das nun mit dem Begleitläufer und den Kommandos?
In meinem Fall war es tatsächlich so, dass der Begleitläufer hinter mir fuhr und mit "Und" den nächsten Schwung ankündigte. Rief er also "Und" machte ich mich für den nächsten Schwung bereit, nämlich bei "Und rechts!" nach rechts … da wo der Daumen links ist … und umgekehrt. Bei "Halt!" konnte ich den Schwung zu Ende fahren und "Stopp!" war das klare Kommando für sofortiges Stehenbleiben. Bevor es aber so eine Piste hinab ging, wurde auch häufig noch das Gelände beschrieben, also ist die Piste auf einer Seite eher abfallend, stark befahren oder gerade völlig frei. In letzterem Fall konnte ich manchmal auch meinen Fahrkünsten völlig freien Lauf lassen … bis der Begleitläufer eben wieder eingriff.

In den letzten Jahren entdeckte ich allerdings Skilanglauf für mich. Also das gleiche in Weiß, nur mit Loipe zur Orientierung. Sagen wir besser zur groben Orientierung, denn bei einer rasanten Schussfahrt kann man so eine Loipe auch mal verlieren … woher ich das nun wieder weiß?

Ich fahre auf Langlaufskiern durch einen schneebedeckten Nadelwald.

Ob bei einer rasanten Abfahrt, beim Skilanglauf oder auch beim Après Ski, wie auch immer du die nahenden Feiertage verbringst. Die Zeit draußen, an einem klaren kalten Wintertag wird uns sicher allen gut tun. In diesem Sinne: Bleib oder werde ganz schnell wieder gesund und hab fröhliche Weihnachten!

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Kaum sind wir aus den Sommerferien zurück, stehen die Herbstferien vor der Tür. Ja, hört das denn nie auf? Nein!

Natürlich besteht nicht das gesamte Leben aus Ferien, und auch wenn die Koffer mal für ein paar Wochen in die Ecke wandern, so dreht sich das Leben fröhlich weiter. Auch im Alltag gibt es genügend Wege zu bereisen und Grenzen zu überwinden.

Bereits in meinem letzten Beitrag, Sommerzeit ist Reisezeit, habe ich Dich dazu eingeladen, gedanklich mit mir durch den Alltag zu reisen, verschiedene Barrieren kennen zu lernen und bestenfalls zu überwinden. Ich hoffe Du hast die Stiefel geschnürt, denn es gibt noch jede Menge zu entdecken.

Der Weg ist das Ziel!

Los, tauchen wir ein, in das Getümmel dieser Straße.

Beginnen wir mit einer Situation, die Dir inzwischen nicht mehr so fremd sein dürfte: das Überqueren einer Straße.
Hier gibt es sogar Ampeln, nur leider ohne akustische oder tastbare Signalgeber für blinde und sehbehinderte Menschen. Schade, es hätte so einfach sein können!

Die Farben rot und grün spielen nicht nur bei der Ampel eine wichtige Rolle. Menschen mit einer Rot-Grün-Sehschwäche - übrigens die häufigste Farbfehlsichtigkeit - können hiervon ein Liedchen singen. Da sie die Farben rot und grün nicht auseinanderhalten können, ist es ihnen nicht möglich, beispielsweise Schilder, wie das Supermarktschild im Suchbild zu erkennen.

Da, noch ein Schild. Dieses Mal nicht in rot und grün gehalten, aber verstehst Du, worauf es hinweist?
Für Menschen mit Sprach- und Lernschwierigkeiten ist "Grundstücksverkehrsgenehmigungsbehörde" wirklich nicht verständlich. Das geht auch kürzer und einfacher!

Um keine Genickstarre zu bekommen, wenden wir unseren Blick nun mal in Richtung Boden. Eine solch geriffelte Linie entlang des Fußwegs hast Du sicher schon mal gesehen … vielleicht hast Du auch schon mal darauf gestanden. Das sind so genannte Bodenleitplatten. Sie helfen blinden und sehbeeinträchtigten Menschen bei der Orientierung im Straßenverkehr, indem sie auf Richtungswechsel, Verzweigungen oder auch auf Haltestellen hinweisen. Leider finden wir hier nur auf einer Straßenseite ein solches Leitsystem. Dieses wird nun auch noch von einem Haltestellenschild und einem Mülleimer verstellt. Nicht schön … gar nicht schön.
Stell Dir vor Du machst die Augen zu und orientierst Dich an den Bodenleitplatten. Auuuuaaa! Klar, wenn Dir der Mülleimer gegen das Schienbein oder das Schild gegen die Nase knallt - und das wird es - dann tut das wirklich weh!

Bleiben wir noch kurz stehen. Stopp! Natürlich neben den Bodenleitplatten!
So kann ich noch auf einen weiteren Punkt an der Haltestelle hinweisen. Es gibt sie noch immer: Haltestellen ohne dynamische Anzeigen oder Lautsprecher, die über den Linienplan und aktuelle Änderungen informieren ... bestenfalls in leichter und verständlicher Sprache!

Puh, ganz schön viele Barrieren hier. Ich glaube, wir suchen uns langsam mal ein schönes Café, um uns etwas auszuruhen. Dafür müssen wir jedoch über die Straße, und auch ohne Ampel wird es nicht gerade einfacher … siehst Du das dunkelrote Auto? Es hat genau am abgeflachten Bordstein geparkt. Damit versperrt es uns mit Rollstuhl und Rollator den Weg. Wir müssen also wieder ein ganzes Stück zurück.

Auf dem Weg zurück, kommen wir noch einmal an der Behörde, dem grauen Gebäude vorbei. Hier kann ich noch auf eine weitere Barriere hinweisen: die Treppe.
Inwiefern die Treppe für Rollstuhlfahrer, aber auch für Familien mit Kinderwagen eine Barriere darstellt, ist womöglich allen klar. Hier haben wir aber noch ein weiteres Problem: Menschen mit vermindertem Kontrastsehen erkennen die Stufen nicht. Daher sollten sich Stufen durch eine auffällige Markierung vom Boden abheben. Ein bisschen Farbe, das heißt ein gelber Randstreifen, wäre hier nicht nur ein schöner Farbtupfer, sondern sehr hilfreich!

So, jetzt aber wirklich genug. Ich kann keine Barrieren mehr sehen. Hahaha.
Zu früh gefreut … möglicherweise ist da doch noch eine … nein, keine Stufen ins Café, keine zu schmale Tür, durch die der Rollstuhl nicht passt. Nein, wir werden auch hier, wie beim Supermarkt, darauf hingewiesen, dass Hunden der Zutritt verboten ist. Mein Lieschen ist ja aber nicht irgendein Hund. Lieschen ist ein ganz besonderer Hund, ein Ausnahmehund. So wie mein Lieschen frisst … Quatsch, ich meine Lieschen ist ein Blindenführhund! Ja und, Hund ist Hund. Nicht ganz: Auch wenn es einigen Inhabern von Supermärkten, Lebensmittelgeschäften oder Restaurants nicht bekannt ist, laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist Blinden- und Assistenzhunden entsprechend des Diskriminierungsverbotes der Zutritt zu Verkaufsräumen gestattet.
Nach etwas Aufklärung ist nun also auch uns, samt Lieschen, der Zutritt ins Café möglich. Keine Stufen halten uns auf. Geschafft!

Ankommen ist auch ganz schön!

Das Thema Barrierefreiheit ist viel zu umfangreich, um es auf unserer kleinen Reise umfassend zu erkunden. Ich hoffe jedoch, Du kannst einige neue Eindrücke für dich mitnehmen. So beispielsweise, dass das sperrige Thema Barrierefreiheit im Alltag auch manchmal durch Kleinigkeiten und ein wenig Aufmerksamkeit erreicht werden kann … und zwar für vielmehr Menschen, als man zunächst glauben mag. Es braucht keine Behinderung, um von Barrieren behindert zu werden. Treppen beispielsweise erschweren Familien mit Kinderwagen den Alltag erheblich; und schwere Sprache macht ihn auch nicht leichter. Denken wir an Bürokratendeutsch - da hilft es auch nicht unbedingt Muttersprachler zu sein.

Der Weg ist das Ziel, aber ankommen ist auch ganz schön!
Komm gut in und durch den Oktober. Ende des Monats liest Du wieder von mir. Natürlich freue ich mich aber auch in der Zwischenzeit über deine Erfahrungen, Fragen und Wünsche für weitere Beiträge in den Kommentaren!

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… und wer eine Reise macht, der hat was zu erzählen. Klar, es ist aufregend Grenzen zu überwinden. Finnland war sooo schön … und wenige Wochen nach Finnland, vielleicht gerade jetzt, während Du diesen Beitrag liest, bin ich schon wieder verreist. Dieses Mal nach Irland. Was für ein Sommer! Doch wenn Du glaubst, das war schon der Knüller, dann halte Dich jetzt fest: im Grunde reise ich nämlich täglich. Wow, was für ein Leben!

Wenn also ein Merkmal des Reisens das Überwinden von Grenzen ist, dann reise ich tatsächlich täglich. In diesem Kontext nennen wir die Grenzen dann in der Regel aber Barrieren.

Reisefreiheit oder Grenzkontrollen

Also gut, genug Vorgeplänkel. Ich nehme Dich mal mit auf meine täglichen Reisen. Aber Vorsicht, Du solltest sorgfältig packen und gut auf dein Gepäck aufpassen. Bereits der Verlust von Kleinigkeiten kann dazu führen, dass Du durch die strengen Grenzkontrollen massiv an deiner Reisefreiheit gehindert wirst. Na gut, nennen wir es beim Namen: behindert wirst. Du glaubst mir nicht?

Stell Dir vor, wir stehen an einer komplizierten Kreuzung an der Ampel und diese Ampel gibt kein Tonsignal von sich. So, und jetzt hast Du dein Augenlicht vergessen, dieses kleine, leicht übersehbare Detail. Was dann? Dann haben wir es nicht einfach nur mit einer Grenze zu tun, sondern mit knallharten Grenzkontrollen. Das Ampelmännchen signalisiert nämlich nur denjenigen, dass sie sicher auf die andere Seite können, die beim Packen auch wirklich an alles gedacht haben. Unterm Strich heißt das: Pech gehabt oder wenn in der Seitentasche des Handgepäcks noch ein Quäntchen Mut steckt, dann raus damit und illegal rüber. Ich hab ja nie behauptet, dass es nicht aufregend sei, so eine Grenze zu überwinden.

Du glaubst, das kann Dir nicht passieren? Du vergisst dein Augenlicht sicher nie? Dann pass mal auf, was passiert, wenn Du etwas Falsches im Handgepäck hast. Ich denke da an einen Rollator oder Kinderwagen.
Nein, dann musst Du die Grenzkontrollen tatsächlich nicht fürchten. Du hast alles Wesentliche dabei … nur eben zu viel. Das heißt, rein theoretisch darfst Du mit Rollator oder Kinderwagen sicher auf die andere Seite. Rein theoretisch. Praktisch kommst Du mit deinem Übergepäck aber nicht weiter. Der Bürgersteig ist einfach zu hoch oder der Zugang zum Ampelübergang zu schmal, weil vollgeparkt. Aber tröste Dich, Du hast dein Augenlicht dabei und kannst zumindest mal rüber linsen.

Puh, langsam wird die gemeinsame Reise etwas anstrengend. Der eine hat dies vergessen, der andere das. Einmal ist es das Augenlicht, einmal der Sonnenschein im Herzen. Wieder andere schleppen viel zu viel Gepäck mit sich herum und können einen Bürgersteig oder eine Treppe nicht überwinden.

Gute Reise!

Wir machen uns jetzt mal getrennt auf die Socken. Ich reise weiter durch die Welt und meinen Alltag. Währenddessen lass ich Dir die folgende Zeichnung hier. Wenn Du möchtest, kannst Du gedanklich auch deinen Koffer packen und diese Straße bereisen. Stößt Du auf Grenzen?
Anders gefragt: In der folgenden Zeichnung sind zehn Alltagsbarrieren versteckt. Findest Du Sie?

Gerne kannst Du die Barrieren, die Du findest, in die Kommentare schreiben. Vielleicht finden wir ja auch gemeinsam Wege, sie zu überwinden.

Ein dickes Sorry an all diejenigen, die die Zeichnung nicht sehen können. Eine Bildbeschreibung würde jedoch eine Auflösung beinhalten ... vielleicht habe ich hier aber auch gerade eine Barriere in meinem Kopf. Wie auch immer, ich verspreche: eine Bildbeschreibung und natürlich die Auflösung gibt es nach meiner Irlandreise Ende September. Bis dahin noch einen schönen Sommer!

Wer hat den Satz noch nicht gehört: Das geht nicht, das lass mal besser sein. Entweder weil es zu aufwendig erscheint, zu gefährlich oder gar undenkbar. Mich wollen hilfsbereite Menschen häufig schon an so alltäglichen Dingen, wie die Straße zu überqueren, hindern. Nein, nicht weil da ein Auto oder ein anderes Gefährt kommt. Okay, doch, da kommt schon ein Auto oder eine Straßenbahn, irgendwann …
Nun bin ich ja aber, so wenig wie andere auch, den ganzen Tag damit beschäftigt die Straße zu überqueren. Dieses waghalsige Abenteuer ist ja nur Mittel zum Zweck. Entweder um zur Arbeit zu kommen, zum Einkaufen, zum Bahnhof oder, oder, oder.
Was, sie geht auch arbeiten, macht ihren Haushalt und füllt selbst ihren Kühlschrank … pssst, ja, sie plündert ihn auch wieder selbst; und dann auch noch verreisen? Das könnte ich nicht. Schade, ich glaube man hat im Leben immer nur zwei Möglichkeiten: entweder man lebt es oder man lässt es bleiben. Bei dieser Auswahl halte ich die erstere Alternative für die durchaus attraktivere!

Jetzt sind es ja aber nicht immer nur die Stimmen der anderen, die uns von etwas abhalten wollen. Da gibt es auch noch das Teufelchen auf unserer eigenen Schulter, dass uns gerne mal zuflüstert: Das geht nicht, das schaffst Du nicht. Lass es lieber sein!

Das Teufelchen sagt grundsätzlich: „Geht nicht!“

Als Kinder reizt uns ein Verbot. Wenn die Eltern „nein“ sagen, haben wir den starken Drang es erst recht auszuprobieren. Irgendwann werden dann die Eltern durch das Teufelchen auf unserer Schulter verdrängt. Das Teufelchen warnt aber nicht nur vor Gefahren, es sorgt auch für mehr oder weniger Bequemlichkeit in unserem Leben. Und da erscheint es dann schon durchaus reizvoller artig zu folgen.

Im Beitrag Mehr Meer oder Ostseh habe ich von meinem ersten Kurztrip alleine mit meinem Blindenführhund Lisa berichtet. Dabei habe ich auch meine Sorgen und Ängste geschildert. Genau da hatte sich nämlich das Teufelchen eingemischt: Nein, lass das mal besser. So lange Zug fahren für die wenigen Tage und dann auch noch alleine. Als blinder Mensch ist doch schon das gewohnte Umfeld Herausforderung genug.
Ich hätte mich einfach vom Teufelchen überzeugen lassen können. Dann wäre mir eine stressige Zugfahrt mit mächtig Verspätung erspart geblieben. Ich hätte Nerven und Geld gespart und … ich hätte soooo viele schöne Erfahrungen nicht gemacht. Gut, dass sich mein Dickkopf dem Teufelchen widersetzt hat und ich dem Drang nach der attraktiveren Alternative, nämlich dem Leben, Raum gegeben habe.

Lieber Teufel, Mut ist ein Muskel …

Warum aber widersetzen wir uns manchmal dem Teufelchen und warum tun es manche häufiger als andere? Ich habe hierauf keine wissenschaftlich untermauerte Antwort. Wenn ich mich jedoch mit Freunden und Bekannten unterhalte, die ich für äußerst taff halte, komme ich zu folgendem Schluss: Sie haben etwas, wofür sie brennen. Sie haben eine Leidenschaft, einen Traum, und dafür gehen sie das Risiko ein und überwinden Ängste oder Selbstzweifel. Ängste und Selbstzweifel haben nämlich, so jedenfalls meine Beobachtung, alle. Entscheidend ist nur, dass man sie überwindet. Ist der Wille stark genug und eine Leidenschaft für etwas da, scheint sich der Kampf mit dem Teufelchen zu lohnen.

Je häufiger man den Kampf mit dem Teufelchen aufnimmt, positive Erfahrungen sammelt, oder auch aus negativen Erfahrungen lernt, umso stiller wird das Teufelchen.
In meinem Fall ist es der Drang nach Selbstbestimmung, der mich hin und wieder antreibt, es mit dem Teufelchen aufzunehmen. So manchen Kampf habe ich auch schon gewonnen. In Sachen Kurztrip alleine an die Ostsee mischt es sich inzwischen erst gar nicht mehr ein. Bei neuen Reisezielen sieht es schon wieder anders aus. Wir haben da wohl noch so einige Kämpfchen auszutragen, mein Teufelchen und ich, und vermutlich wird es auch nie verstummen. Ich glaube aber das tut so ein Teufelchen nie, und vielleicht ist es auch gut, dass da so ein treuer Begleiter ist, der immer mal wieder mahnt und warnt und an dem man sich reiben kann. Aber lass es Dir gesagt sein, liebes Teufelchen: Mut ist ein Muskel, der trainiert werden kann!

Also, wenn Du Träume hast, sei es beruflich oder privat: lass Dich nicht abhalten. Gut gemeinte Ratschläge oder Ermahnungen kann man sich ja anhören und abwägen, aber geht nicht, gibt’s nicht!

Lass Dich bitte auch nicht von Fragen, Anmerkungen oder Kritik – positiv wie negativ – in den Kommentaren abhalten. Ich freue mich darauf!

 Freiheit, Spontanität und Datenschutz

 

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, und es ist noch nicht einmal Frühling. Es ist Ende Februar und während ich diesen Beitrag schreibe, sitze ich im Café, nein ich sitze vor dem Café und genieße strahlenden Sonnenschein. Ob das mit den knapp 20° Celsius nun gut oder richtig ist, so Ende Februar, das sei mal dahingestellt. Schön ist es aber schon!

 

Gefühl von Freiheit

Ja, es ist schön, so mit offener Jacke in der Sonne zu sitzen und sich den warmen Wind um die Nase wehen zu lassen. Das alleine ist es jedoch nicht, was bei mir das Gefühl von Freiheit hervorruft. Vielmehr ist es die Tatsache, dass ich meinem Bedürfnis danach in der Sonne zu sitzen so spontan nachgehen konnte - und das ist nicht selbstverständlich. Abgesehen davon, dass auch ich an verschiedene Termine und Verpflichtungen gebunden bin und mich deshalb nicht immer rund um die Uhr nach Belieben in der Sonne, im Café oder Park herumtreiben kann; Spontanität und Blindheit kriegt man nicht immer so einfach unter einen Hut.

Klar, in meinem gewohnten Umfeld bewege ich mich weitestgehend selbstständig. Als ich vor knapp zwölf Jahren nach Halle zog, absolvierte ich ein sogenanntes Orientierungs- und Mobilitätstraining. Dabei habe ich die für mich wichtigsten Wege gelernt - wo genau befindet sich das Café, der Bäcker, die Straßenbahnhaltestelle und woran kann ich mich auf dem Weg dorthin orientieren. In den Folgejahren kamen immer neue Wege hinzu und so wurde mein Halle immer größer, wenngleich es noch immer verhältnismäßig klein ist. Hin und wieder kann es sogar passieren, dass mein Halle auch wieder in sich zusammenschrumpft. Beispielsweise wenn mal wieder eine Baustelle den Weg versperrt und ich nicht hindurch oder darum herum finde. Dann können sich meine Stadtgrenzen ganz schnell auch wieder verschieben. Glücklicherweise habe ich meinen Blindenführhund Lisa. Sie findet Wege, die mir früher mit dem Blindenstock verborgen blieben.

Das Gefühl von Freiheit, die Mobilität, die es mir ermöglicht spontan ein Café aufzusuchen oder einen Spaziergang in der Sonne zu machen, habe ich ganz sicher meinem Lieschen zu verdanken. Lieschen in Kombination mit einer speziell für blinde Menschen entwickelte Navigations-App ist insbesondere in mir fremden Umgebungen noch besser als das Gefühl von Sonne auf der Haut. Freiheit!

Die Blindheit lässt sich jedoch nicht wegdiskutieren. Natürlich stoße ich auch hin und wieder an meine Grenzen. Glücklicherweise gibt es für solche Situationen inzwischen einige tolle Angebote. So bieten beispielsweise verschiedene Verkehrsunternehmen einen Begleitservice an, häufig sogar von Tür zu Tür. Nicht nur mobilitätseingeschränkte Menschen, auch Kinder können so sicher zu einem Wunschort begleitet werden. Diese Hilfeleistung muss natürlich angemeldet werden, am besten einige Tage im Voraus. Gut, das ist dann nicht sehr spontan, aber hilfreich allemal.

 

Grenzen der Freiheit

… und so kann es dann laufen. Erst vergangenes Wochenende war ich in einer mir fremden Stadt zu Besuch und hatte einen Tagesausflug in der Umgebung geplant. Einziger Knackpunkt stellte der Umstieg an einer U-Bahnstation dar. Zwar würde ich mich nicht als sehr ängstlich beschreiben, doch sobald Gleise in der Nähe sind bin ich nicht mehr ganz so entspannt. Hinzu kommt, dass ich als Kleinstadtpflanze - sorry Halle - mit der U-Bahn nicht sehr vertraut bin. Also habe ich mir im Internet die Telefonnummer des Begleitservices der Verkehrsgesellschaft in eben dieser Stadt rausgesucht. Mit bedauern erklärte mir der nette Man am anderen Ende des Telefons, dass ich zunächst ein Formular ausfüllen müsste. Sie müssten ja Daten von mir speichern - Datenschutz! Dieses Formular muss per Post zur Verkehrsgesellschaft geschickt werden und erst dann, nach etwa zwei Wochen, kann ich eine Hilfeleistung anmelden. Zwar weiß ich nach über zwanzig Jahren Blindheit, dass viele Unternehmungen mit etwas vorausschauender Organisation verbunden sind, so lange im Voraus habe ich dann aber doch nicht geplant. Also umplanen, Umweg über den Hauptbahnhof und dank Umsteigehilfe durch die Bahnhofsmission hat dann doch noch alles geklappt - und meine Daten sind auch geschützt!

 

Auch bei der Deutschen Bahn sind Leistungen des Mobilitätsservices zum 01. Februar wieder unter einer dicken Eisschicht verschwunden. Hilfeleistungen beim Ein-, Aus- und Umstieg werden hier künftig auch wieder abenteuerlicher, und das alles während wir 10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention feiern - Inklusion, Teilhabe und Selbstbestimmung. Happy Birthday Gefühl der Freiheit!

 

Hast Du noch Fragen, Kritik oder Anregungen zu diesem Beitrag? Über einen Austausch freue ich mich sehr!

 

 

Mehr Meer oder Ostseh

 

Die Sonne brennt seit Wochen vom Himmel und selbst nachts kühlt es kaum mehr ab. Da kommt man schon mal auf solch einen geistreichen Titel. Aber tatsächlich geht es in diesem Beitrag um die Ostsee, genauer um meinen ersten Kurztrip alleine mit meinem Blindenführhund Lisa.

Mein Urlaub ist für September bereits gebucht, daher war dieser Kurztrip übers Wochenende nicht geplant. Bis September ist es aber noch so lange hin. Ich sehne mich nach einer kleinen Auszeit, Sonne und Salz auf der Haut und am Montag habe ich frei. Also los geht's!

Zugegeben, ganz so lässig bin ich diesen spontanen Kurztrip nicht angegangen, denn auch wenn dies nun wirklich nicht meine erste Reise war, so war es dennoch eine Premiere. Bisher hatte ich mich immer spätestens am Urlaubsort mit Familie, Freunden oder einer Reisegruppe getroffen. Aber ich hatte diesen Plan alleine an die Ostsee zu fahren vorsorglich schon so vielen Leuten erzählt, dass ich kaum mehr zurück konnte. Letzte Rettung: im Hotel ist kein Zimmer mehr frei, schließlich ist Hauptsaison.

Montagabend, ich höre das Freizeichen und rechne nicht wirklich damit, dass noch ein Hotelmitarbeiter abnimmt. Das ging schon mal schief. Das Zimmer von Freitag bis Montag ist nun also reserviert.

Meine Bedenken?

Was soll schon passieren, der Zug weiß wohin er muss. Ich muss mich nur reinsetzen und ich habe eine Umsteigehilfe beantragt. Na gut, für Büchen gab es keine Umsteigehilfe, aber in gut 20 Minuten sollte ich mich ja wohl durchfragen können. Dass der Zugbegleiter mit einem blinden Fahrgast überfordert war, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht wissen. Dank einer Verspätung von gut 30 Minuten hatte ich dann aber mehr als genügend Zeit.

Auch bezüglich des Hotels hatte ich keine großen Bedenken. Ich habe mich für ein AURA-Hotel entschieden. AURA-Hotels sind speziell auf die Bedürfnisse ihrer blinden und sehbehinderten Gäste eingerichtet. Die Zimmernummern sind taktil erfassbar, die Willkommens-Mappe auf dem Zimmer mit allen wichtigen Informationen liegt unter anderem in Brailleschrift aus, und am Buffet sind die Mitarbeiter des Hauses behilflich. Auch begleitete Ausflüge werden angeboten - diesbezüglich war es aber im Vorfeld sehr schwierig Informationen zu bekommen, und genau hier lagen meine größten Bedenken. Was, wenn ich nun zwei Tage im Hotel sitze. So schön das Hotel auch sein mag mit seinem Garten und den lauschigen Sitzplätzen, meine freien Tage möchte ich nicht im Hotel verbringen.

Aber gut, was hatte ich zu verlieren? Selbst wenn es so käme, wenn ich es nicht ausprobiere, weiß ich es nicht.

Und so war es dann wirklich: Großartig!

Dank meinem Blindenführhund Lisa, einer super Navigations-App und zahlreichen lustigen, netten und hilfsbereiten Begegnungen war dieser erste Kurztrip alleine ein voller Erfolg.

Schon beim Umsteigen in Büchen traf ich die ersten hilfsbereiten Mitreisenden, und das zog sich wie ein roter Faden durch die weiteren Tage. Auch am Hundestrand hatte ich das Gefühl, dass alle mit nach Lieschen schauten, und mit zwei netten Frauen ging's nach dem Badespaß noch in die Strandbar.

Den Weg zum Hundestrand, unweit vom Hotel, zeigte mir eine Hotelmitarbeiterin. Die einzige Herausforderung auf diesem Weg bestand darin, die Abzweigung von der Strandpromenade zum Hotel zu finden, ansonsten ging es ja auf der Promenade immer nur gerade aus. Für die richtige Abzweigung hatte ich Lieschen und um noch entspannter sein zu können, hatte ich mir am Vorabend der Reise noch eine Navigations-App geleistet. Diese App wurde gemeinsam mit blinden Menschen entwickelt und bisher hörte ich nur Gutes. Zurecht!

Bei einer kleinen Pause ließen wir uns auf der Seebrücke den Wind um die Nase wehen und meine neue App sagte mir, welche Cafes, Restaurants, Hotels, Sehenswürdigkeiten etc. sich in meiner Nähren Umgebung befinden. Ich suchte mir ein Café aus, das laut seiner Homepage bereits Udo Lindenberg und Franz Beckenbauer zu Gast hatte. Da durften Lieschen und ich ja wohl nicht fehlen. Also Navi neu eingestellt und los ging's.

Ab ging's auch nach Travemünde. Ich hatte am Samstagvormittag noch die Gelegenheit an einem begleiteten Ausflug des Hotels zur Travemünder Woche teilzunehmen. So konnte ich in zwei Tagen Ostsee diesen Ausflug, etwa 13 km auf der Strandpromenade, drei Mal Hundestrand, ein Café-Besuch und absolute Entspannung genießen.

Auf der Nordmole in Travemünde mit Segelbooten im Hintergrund
Nordmole in Travemünde 2018

Dies war garantiert nicht meine letzte Reise alleine mit Hund. Hast Du ähnliche Erfahrungen oder Tipps für Reiseziele, die sich für einen Kurztrip eignen, dann freue ich mich über einen Kommentar!