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Anfang des Monats stolperte ich im Magazin "Sichtweisen" des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands e. V. (DBSV) über einen Beitrag von Gabi und Ihre Leidenschaft: Blindenbaseball. Ja, während die einen über Beiträge stolpern, spielen andere längst blind Baseball. Aber warum auch nicht, es gibt ja auch Blindenfußball und hier hat es ein Tor in der Sportschau bereits zum Tor des Monats geschafft.
Ich sag ja immer, wenn man etwas möchte, sollte man sich nicht aufhalten lassen. Doch wenn man von etwas keine Ahnung hat, darf man auch ruhig mal die Klappe halten. Daher freue ich mich sehr, dass ich den Beitrag von Gabi mit ihrer Zustimmung sowie der "Sichtweisen" heute hier noch einmal veröffentlichen darf.

Play Ball - los geht's!

Obwohl Baseball in Deutschland eher eine unbekannte Sportart ist, hat Blindenbaseball mich sofort in seinen Bann geschlagen. Vor allem loszurennen, wenn es heißt „Play Ball!" und der von mir geschlagene Klingelball der verteidigenden Mannschaft zufliegt, ist ein befreiendes Gefühl.

Ich spiele nun schon etwas mehr als vier Jahre für die Bavarian Bats, dem blinden Team der Freising Grizzlies. Unsere Spielerinnen und Spieler sind zwischen 25 und 45 Jahre alt. Frauen und Männer spielen in gemischten Teams. Da alle während des Spiels eine Augenbinde tragen, sind zwischen den blinden und sehbehinderten Spielern die Voraussetzungen angeglichen. Wir treffen uns normalerweise etwa jeden zweiten Sonntag und reisen dafür aus ganz Bayern nach Freising oder Regensburg. Im Winter trainieren wir einzelne Spielzüge in einer Halle. Aber das Training war wegen des Lockdowns im letzten Winter leider nicht möglich.
Bevor ich mit Baseball angefangen habe, hatte ich mich schon in ein paar anderen Sportarten versucht. Aber die vielfältige Kombination aus Koordination und Bewegung und auch der Mannschaftsaspekt beim Baseball gefallen mir besonders.

Schnupper-Workshops für Neulinge

Die Spielregeln klingen komplizierter, als sie es in Wirklichkeit sind. Das werden alle merken, wenn sie Baseball erst einmal ausprobieren. Bei meinem Verein bekommen Neugierige dazu auch Gelegenheit, da wir in Freising und Regensburg auch Schnupper-Workshops veranstalten.

Ich versuche einmal, die Spielregeln ein wenig zu erläutern: Ein Team besteht aus fünf Spielern, die mit Augenbinde spielen, und einem sehenden Fänger.
Wenn ich nun als Teil der angreifenden Mannschaft den Ball weit genug mit dem Baseballschläger aus meiner anderen Hand geschlagen habe, versucht die verteidigende, also die gegnerische Mannschaft, ihn zu fangen und zu ihrem sehenden Fänger zu werfen. Währenddessen renne ich um die erste piepende Base. Dann versuche ich, die rettende zweite Base zu erreichen, bevor der Klingelball den sehenden Fänger der verteidigenden Mannschaft erreicht. Denn nur, wenn ich die zweite Base berührt habe, bevor der Fänger den Ball gefangen hat, bleibe ich im Spiel.
Eine Base ist eine Station auf dem Teil des Spielfeldes, den der Läufer umrunden muss. An der zweiten und dritten Base steht jeweils ein Trainer, der mit Klappern die Position der Base und meine Entfernung dazu zeigt. Ebenso geht es dann, während mein Mitspieler einen Ball schlägt und selbst zur zweiten Base läuft, für mich zur dritten. Einen Punkt für das Team gibt es aber erst dann, wenn man es geschafft hat, ohne dauerndes akustisches Signal von der dritten Base nach Hause, also wieder zum Startpunkt zu laufen. Einige Meter blind einfach nur geradeaus zu laufen, ist manchmal schwieriger, als man sich das vorstellt.
Nach einem Inning (Spielabschnitt) tauschen die angreifenden und verteidigenden Mannschaften ihre Positionen. In der Verteidigung kommt es nicht mehr auf gezieltes Schlagen des Balles und schnelles Laufen an, sondern das Gehör ist entscheidend, da man den Ball, den die angreifende Mannschaft geschlagen hat, genau orten, fangen und aufnehmen muss. Und das auch, wenn der Ball liegengeblieben ist und kein Geräusch mehr von sich gibt.

Geringes Verletzungsrisiko

Der größte Unterschied zum Baseball für Sehende besteht darin, dass der Schlagmann oder die Schlagfrau den Ball mit einem Baseballschläger aus der eigenen Hand schlägt und nicht einen ihm zugeworfenen Ball treffen muss.

Beim Baseball besteht nur ein geringes Verletzungspotenzial. Das Spielfeld und die Regeln sind so gestaltet, dass Kollisionen weitgehend ausgeschlossen sind und das Verletzungsrisiko vermindert wird. ►

Als mich mein Freundeskreis überredet hat, doch einmal in Blindenbase-ball reinzuschnuppern, hätte ich mir nicht vorstellen können, dass es mir so viel Spaß machen würde, dass ich bereit bin, eine beinahe zweieinhalbstündige Anreise dafür in Kauf zu nehmen. Ich wohne nämlich in Nürnberg und trainiere in Freising.
Aber der Zusammenhalt des Teams und das gemeinsame Sport-Treiben an der frischen Luft sind ein Garant für Glücksmomente. Und wenn es einmal im Training nicht so läuft und ich den Baseballschläger am liebsten von mir werfen würde, gibt es immer einen Mitspieler oder Coach, der Tipps auf Lager hat und mich aufmuntert.
Nicht zu vergessen sind natürlich die interessanten Begegnungen mit den Spielern anderer Länder. Beispielsweise waren die Bats 2018 in Kuba, wo Baseball allgemein und auch Blindenbaseball viel beliebter sind als hierzulande. In Italien gibt es sogar eine Blindenbaseball-Liga.

Hoffnung auf Turniere 2022

2020 hätte zum zehnten Mal der Mole Cup, ein internationales Turnier blinder Baseballer und Baseballerinnen, in Freising stattfinden sollen. Aber Corona hat nicht nur die Trainingsmöglichkeiten eingeschränkt, sondern auch die Spiele verhindert oder aufgeschoben. Gern hätten wir gegen Mannschaften aus Italien, Frankreich, England, Kuba, Pakistan oder den USA gespielt. Wir hoffen, dass das 2022 wieder möglich sein wird.

Momentan sind die Bavarian Bats das einzige Blindenbaseball-Team in Deutschland. Ein zweites Team in Regensburg befindet sich im Aufbau. Auch Kontakte nach Stuttgart und Berlin wurden schon geknüpft.
Ich würde mich natürlich über mehr Teams in Deutschland freuen, um öfter zu spielen. Aber momentan freue ich mich einfach nur auf die Außensaison, wenn wir das Training wieder aufnehmen können und es heißt: „Play Ball!"

Nun melde ich, Nadine, mich doch noch einmal zu Wort. Denn auf den folgenden Link muss ich unbedingt noch verweisen:
www.blindenbaseball.de
Hier erfährst du mehr über Blindenbaseball. Außerdem gibt es gleich auf der Startseite einen interessanten Hörbeitrag, der einem den Sport noch einmal akustisch näher bringt.

Als ich heute mit Lieschen, meinem Blindenführhund Gassi war, hatte ich seit langem mal wieder eine gefrorene Winternase … und da in der klarenWinterkälte konnte ich es genau riechen … es lag in der Luft, das neue Thema für den Novemberbeitrag: Skifahren.

Egal ob Abfahrt oder Langlauf, als Pistenschreck oder auf einer einsamen finnischen Loipe, Skifahren ist vielleicht keine Sportart, die ich sehr häufig ausübe, dafür immer wieder mit großer Begeisterung. Doch wie? Das verrate ich heute.

Auf die Bretter, fertig, los!

Als etwa Zehnjährige stand ich zum ersten Mal auf Skiern. Damals noch sehend. Drei, vier Jahre später ließ das Sehen aber schon deutlich nach, die Lust auf das Skifahren nicht.
Meine Eltern, die bis dato noch nicht für Winterurlaub zu erwärmen waren, kauften sich selbst Skier und machten sich klar für die Piste. Im Falle meines Vaters hieß dies, dass er sich einen schicken neonfarbenen Skianzug überstreifte und … sagen wir mal mutig … die Pisten hinabwedelte. Also, ganz nach dem Motto: Runter kommen sie alle. Und ja, wir kamen auch runter. Er wie beschrieben voraus und ich konnte mich wunderbar an seinem extravaganten Skioverall orientieren.
So ging es ein paar Jahre gut, bis dann der neonfarbene Overall auch keine Lösung mehr war … nein, nicht weil mein Vater herausgewachsen wäre, sondern weil ich irgendwann einfach nix mehr sah, auch nicht mehr das schreiende neongelb. Doch so viel Zeit verging nicht und ich erfuhr von einem Skiverein in Marburg, der Skireisen für blinde und sehbehinderte Skihasen anbot.

Wenig später stand ich also in Südtirol auf dem Berg, auf Skiern, blind und an meiner Seite ein erfahrener Begleitläufer, der dafür sorgte, dass ich und die anderen Wintersportler um uns herum sicher an ihr Ziel kamen.
Mit Kommandos wie Rechts! und Links!, Halt! Und wenn es dringender war mit Stopp! Ging's die Pisten hinab … manchmal auch mit kleineren Umwegen, die an all den Tannenadeln auf meinem Windstopper ersichtlich waren. Also, solltest du einmal beobachten, dass ein Skifahrer den einzigen Baum auf der Piste umarmt, dann ist das bestimmt ein blinder Skifahrer … und in dem Fall war das wirklich nicht ich. Davon hab ich nur gehört. Ehrlich! Ich hab immer nur die Tannen am Pistenrand mitgenommen.

Kommando Einkehrschwung

Also, wie funktioniert das nun mit dem Begleitläufer und den Kommandos?
In meinem Fall war es tatsächlich so, dass der Begleitläufer hinter mir fuhr und mit "Und" den nächsten Schwung ankündigte. Rief er also "Und" machte ich mich für den nächsten Schwung bereit, nämlich bei "Und rechts!" nach rechts … da wo der Daumen links ist … und umgekehrt. Bei "Halt!" konnte ich den Schwung zu Ende fahren und "Stopp!" war das klare Kommando für sofortiges Stehenbleiben. Bevor es aber so eine Piste hinab ging, wurde auch häufig noch das Gelände beschrieben, also ist die Piste auf einer Seite eher abfallend, stark befahren oder gerade völlig frei. In letzterem Fall konnte ich manchmal auch meinen Fahrkünsten völlig freien Lauf lassen … bis der Begleitläufer eben wieder eingriff.

In den letzten Jahren entdeckte ich allerdings Skilanglauf für mich. Also das gleiche in Weiß, nur mit Loipe zur Orientierung. Sagen wir besser zur groben Orientierung, denn bei einer rasanten Schussfahrt kann man so eine Loipe auch mal verlieren … woher ich das nun wieder weiß?

Ich fahre auf Langlaufskiern durch einen schneebedeckten Nadelwald.

Ob bei einer rasanten Abfahrt, beim Skilanglauf oder auch beim Après Ski, wie auch immer du die nahenden Feiertage verbringst. Die Zeit draußen, an einem klaren kalten Wintertag wird uns sicher allen gut tun. In diesem Sinne: Bleib oder werde ganz schnell wieder gesund und hab fröhliche Weihnachten!