Gummistiefel und ein nasser Hund, ganz klar, es ist Herbst ... Doch nicht nur draußen vor der Tür, auch mein Lieschen hat den Herbst des Lebens erreicht und genau darum geht es heute: Lieschen, meinen alternden Führhund und was so ein Altweibersommer auch alles Neues mit sich bringt.
Während der heißen Sommertage musste ich
endgültig akzeptieren, dass mein vierbeiniger Wirbelwind inzwischen deutlich
gealtert ist.
So lange ist es noch gar nicht her, da war das Leben mit Lieschen neu und
aufregend. Wenngleich es mit ihr immer aufregend geblieben ist, so spielte sich
doch recht bald alles ein und jetzt beherrscht seit ein paar Monaten das Thema
alternder Hund meine Gedanken. Viele Fragen gingen und gehen mir durch den
Kopf: Wie lange kann sie als Führhund arbeiten; merke ich auch wirklich, wenn
es ihr zu viel wird, und was dann?
Wie genau ich all die Detailfragen für mich beantwortet habe, darauf werde ich
in einem späteren Beitrag eingehen. Heute soll es um die alles entscheidende
Frage gehen und die damit verbundenen jüngsten Ereignisse.
Der Herbst meines Hundes und dann?
Eines stand für mich schon immer fest, auch wenn Lieschen nicht mehr als Führhund arbeiten kann, ich gebe sie nicht weg … jedenfalls nicht, so lange ich ihren Bedürfnissen gerecht werden kann. Noch ist es nicht so weit, dass ich sie aus dem Dienst nehme, doch dass sie alt wird, ist inzwischen keine graue Theorie mehr. Also, aller höchste Zeit die Wege für unsere gemeinsame Zukunft zu ebnen. Eine altersgerechte, stufenlos erreichbare Wohnung muss her.
Nicht, dass der Tierarzt auf meine Frage hinsichtlich einer Erdgeschosswohnung zur Eile geraten hätte, doch irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass er im Fall der Fälle mein Lieschen vermutlich nicht die Treppen rauf und runter tragen würde; und auch ich werde sie nicht tragen können. Hinzu kommt, dass ich ja auch noch so ein paar Wünsche an unser neues Heim hatte. Also, warum warten bis sich der Herbst dem Ende neigt.
Unser Umzug in die Altersresidenz
Die Wohnung war schnell gefunden -
Internetrecherche, ein Besichtigungstermin und Volltreffer, alles passt! Etwa
neun Wochen später sitze ich nun also auf dem alten Sofa, in der neuen Wohnung
und schreibe diesen Blogbeitrag.
Klingt entspannt? War es auch … irgendwie; irgendwie aber auch nicht. Dabei
denke ich weniger an das Packen der Kartons und den Umzug selbst. Dies war
nicht mehr oder weniger stressig als für jeden anderen auch - behaupte ich.
Zwar hörte ich häufig, dass es für mich bestimmt anstrengender sein muss, doch
dabei wird immer vergessen, dass nichts sehen für mich normal ist. Ich greife täglich
blind in meine Schränke, verbreite Chaos und beseitige es wieder. Außerdem
kenne ich meine Wohnung und dann waren da auch noch die netten Männer vom
Umzugsunternehmen, die alles sicher in die neue Wohnung transportierten.
Während ich also im Alltag, mit meinem Hab und Gut, ganz gut zurechtkomme, war dies bei der Wohnungssuche und der Einrichtung der Wohnung mit neuen Möbeln plötzlich ganz anders. Ständig war ich auf Hilfe angewiesen. Nicht bei der Internetrecherche. Als aufmerksamer Leser dieses Blogs kennst du ja schon den Screenreader und wie ich mit dem Computer arbeite - Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Arbeit und Inklusion!. Du weißt aber auch, dass meine Technik bei Bildern an Grenzen stößt - Bilder sprechen lassen!.
Sobald ich also eine Wohnung gefunden hatte, die laut Beschreibung meinen Wünschen gerecht wurde, benötigte ich jemanden, der mir die dazugehörigen Bilder beschrieb; auch bei der Wohnungsbesichtigung. Doch dabei genügt es nicht, dass jemand einfach nur gucken kann. Worauf achtet er oder sie? Das hat weniger etwas mit Vertrauen zu tun als vielmehr damit, dass es einfach unterschiedliche Ansprüche gibt und alles kann man im Vorfeld einfach nicht absprechen.
Und ist die Wohnung gefunden, fängt es ja auch erst an. Selbst wenn man keine neuen Möbel möchte, so gibt es doch viele Dinge, die neu angeschafft werden müssen: Vorhänge, eventuell ein neues Regal, eine Garderobe … und nein, auch wenn man nichts sieht, genügt es nicht einfach nur eine Garderobe zu haben oder irgendwelche Vorhänge. Mir genügt es nicht! Aber auch das weißt du ja schon. Ich habe meine Vorstellungen, Wünsche, Erinnerungen an Farben - Blind Date mit den Tierchen, die nachts die Kleider enger nähen – Lösung: Shoppen!.
Bei aller Vorfreude auf die neue Wohnung musste
ich also feststellen, dass ich doch nicht so Selbstständig bin und so
selbstbestimmt agieren kann, wie ich immer dachte. Das war ein dicker Kloß, den
ich zu schlucken hatte. Für faule Kompromisse war ich aber auch nicht bereit
und so kam mir nach ein paar Tagen die Idee: Ich suche mir eine
Innenarchitektin ... gedacht, getan.
Auch wenn ich immer noch viel lieber selbst in Zeitschriften oder im Internet,
in Einrichtungshäusern und auf Flohmärkten gestöbert hätte, es war eine gute
Entscheidung. Bereits beim Erstgespräch fühlte ich mich mit meinen Wünschen
voll und ganz verstanden, und jetzt sitze ich also in meiner Wohlfühlwohnung
auf der Couch, an der Wand gegenüber hängen Bilder mit Urlaubserinnerungen und ich
freue mich auf einen schönen, langen Winter mit meinem Lieschen.